Andreas Wortmann, Leiter Infrastruktur zur Anlage im Ständerat
Abstimmungsanlagen Bundeshaus
«Im Spannungsfeld zwischen baulich-technischen Rahmenbedingungen, Fernseh-Spezifikationen und IT-Anforderungen konnten wir zusammen mit einer flexiblen it-processing AG die Lösung schnell und termingerecht produktiv setzen.»
Das Wichtigste in Kürze
Die beiden Kammern des schweizerischen Parlaments verwenden für ihre Abstimmungen eine Abstimmungsanlage. Der Ständerat stimmt erst seit 2014 elektronisch ab. Im Nationalrat hingegen waren schon einige Jahre davor verschiedene elektronische Systeme im Einsatz.
Damit sich die neuen Systeme mühelos in den Ratsbetrieb einfügen können, wurden sie als Individualsoftware, entsprechend der Wünsche des Parlaments, entwickelt.
Zu den zentrale Ansprüchen an das System gehören einerseits Stabilität und Zuverlässigkeit, andererseits eine benutzerfreundliche Bedienung. Dies sowohl für die Verwaltung als auch für das Präsidium.
Die Lösung bietet ein Client-Server System. Dieses besteht aus einem zentralen Service-Komponenten sowie mehreren Clients für die diversen Benutzergruppen.
Die Software konnte 2014 im Ständerat pannenfrei eingeführt werden.
Im Jahr 2015 folgte schliesslich die Produktivsetzung im Nationalrat, dessen frühere Anlage ebenfalls durch das neue System der it-processing AG abgelöst wurde.
Ende des Jahres 2020 wurde die Abstimmungsanlage im Nationalrat mit einer Remote-Voting-Applikation ergänzt. Dies ermöglicht den Parlamentariern das Mitverfolgen des Ratsbetriebs und die Abgabe ihrer Stimme, auch wenn sie sich in Covid-bedingter Quarantäne befinden.
Ergebnisse
- Einfache Vorbereitung und Verwaltung der Abstimmungen
- SMS «Ankündigung von Abstimmungen»
- Steuerung der Abstimmungsdurchführung
- Touchscreen-Lösung für das Präsidium
- Anzeige der Resultate
- Datenimport aus der Geschäftsdatenbank CURIA
- Automatisierte Veröffentlichung der Ergebnisse
Kundenprofil
Die Schweizerischen Parlamentsdienste stehen dem Parlament und dessen Organen zu Verfügung. Sie stehen unter der Leitung des Generalsekretärs der Parlamentsdienste.
Technology Stack
Für eine Übersicht ausklappen
- Microsoft Visual Studio
- C#
- XAML
- Microsoft SQL Server
- Microsoft .NET
- WPF
- WCF
- PostSharp
- NUnit
- NHibernate
- Apache log4net
- Aspose.PDF
- AutoMapper
- Google Protocol Buffers
- moq
- Xceed Toolkit
- git
- GitLab CI/CD
- SonarQube
Die Vorgeschichte
Im Nationalrat waren bereits seit 1995 diverse Abstimmungsanlagen im Einsatz. Im Jahr 2013 entschied sich der Ständerat folglich ebenfalls für die Einführung einer solchen Anlage.
Die Abstimmungssysteme im Bundeshaus sollen mit dem geringstmöglichen Aufwand gewartet, gepflegt und ausgebaut werden können. Demnach sind identische technische Standards für die Systeme der beiden Kammern notwendig.
Was sind die Anforderungen an die Abstimmungsanlage?
Verschiedenen Parteien haben ihrerseits konkrete Ansprüche an das System gestellt:
- Stabilität und Zuverlässigkeit sind zwei der zentralen Eigenschaften, die die Abstimmungsanlage erfüllen muss. Damit soll ein reibungsloser Ratsbetrieb sichergestellt werden.
- Das Präsidium braucht einen mehrsprachigen, benutzerfreundlichen Client. Die Bedienung soll so einfach sein, dass eine Nutzung ohne jegliche Einführung möglich ist. Mit diesem Client sollen die Abstimmungen gestartet werden können. Im Nationalrat soll damit zusätzlich die Redezeit gesteuert werden können.
- Das Sekretariat benötigt eine einfache Bedienung. Vor allem in den stressigen Wochen während den Sessionen soll das System die Arbeit erleichtern und keinesfalls Mehraufwand mit sich bringen.
- Die IT-Dienste verlangen ein System, welches eine einfache Wartung gewährleistet.
- Auch die Öffentlichkeit hat ein Interesse am System. Resultate sollen möglichst schnell und einfach abgefragt werden können. Davon sollen unter anderem Journalisten profitieren.
Zusätzlich interessant wird es durch die Umsysteme
Eine Herausforderung stellte die Anbindung an die sehr hardwarenahe speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) dar. Darüber hinaus musste das System über Schnittstellen mit der CURIA-Datenbank sowie dem amtlichen Bulletin verbunden werden. Ersteres ist ein zentrales Programm zur Verwaltung verschiedener Daten des Parlaments. Letzteres ermöglicht direkt eine offizielle Publikation der Resultate im amtlichen Bulletin.
Aus welchen Teilen besteht die Abstimmungsanlage?
Die Abstimmungsanlage besteht aus:
- den Knöpfen für die Stimmabgabe an den Pulten der Ratsmitglieder
- einer Signalverarbeitung für die geäusserten Stimmen
- der Steuersoftware
- den Bildschirmen für die Darstellung der Resultate
Die verschiedenen Komponenten kommunizieren über unterschiedliche Protokolle miteinander.
Ein zentraler Server verbindet die Clients. Dieser Server enthält ausserdem die Logik für die Durchführung der Abstimmungen. Zusätzlich ist eine SQL Datenbank zur Verwaltung der Daten vorhanden.
Welche Anwendungen existieren?
- Die Microsoft .NET Client-Anwendung dient dazu, den aktuellen Status der verschiedenen Einzelteile des Systems zu überprüfen. Die IT Dienste des Parlaments verwenden diese Anwendung.
- Mittels der Management-Anwendung können die Abstimmungen verwaltet werden. Ebenfalls kann das Sekretariat damit die einzelnen Mitglieder des Rates sowie deren Platzzuweisung bearbeiten.
- Zum Einsehen der notwendigen Angaben oder zum Starten der Abstimmungen verwendet das Präsidium einen Touchscreen-Monitor. Ausserdem können von hier die Bildschirme ein- bzw. ausgeschaltet werden.
Die jeweiligen Benutzeroberflächen wurden mit dem modernen Grafik-Framework WPF (Windows Presentation Foundation) erstellt und bieten höchsten Komfort. Die Programmlogik ist in C# geschrieben.
Wie werden die Ratsmitglieder integriert?
Es besteht die Möglichkeit direkt über eine Schnittstelle SMS-Nachrichten an die Mitglieder des Rats zu versenden. Die physischen Bestandteile der Anlage sind ebenfalls über Schnittstellen mit dem zentralen Server verknüpft.
Durch das Starten der Abstimmung werden die Knöpfe an den Pulten der Parlamentarier freigegeben. Die Ratsmitglieder können anschliessend ganz simpel per Knopfdruck ihre Stimme abgeben.
Die Information wird daraufhin an die Monitore übermittelt. Abschliessend werden sie dort, in der aus den Nachrichten bekannten Form, dargestellt.
«Dank der sehr guten Ergonomie der Programme verlief die Inbetriebnahme der Abstimmungsanlage im Ständerat für alle Beteiligten reibungslos»
Jean-Claude Hayoz, Stellvertretender Leiter Parlamentsbibliothek / Leiter Einheit Recherchen und Statistiken
Das Endprodukt
Die entwickelte Software ist auf die spezifischen Bedürfnisse der beiden Kammern zugeschnitten. Sogar die farblichen Standards des jeweiligen Ratssaals wurden berücksichtigt.
Der Ratsbetrieb kann mit Hilfe unserer Software ideal unterstützt werden. Die Firma Designsensor AG hat sich massgeblich daran beteiligen, die Benutzerfreundlichkeit des Clients für das Präsidium zu sichern.
Das Team der it-processing AG konnte den Parlamentsdiensten eine qualitativ hochwertige Lösung liefern. Dies einerseits aufgrund der sehr hohen Testabdeckungen und stetigen Code Reviews, andererseits dank der automatischen Analyse der Software SonarQube.
Welches Fazit können wir ziehen?
Wir sind stolz darauf, dass die beiden Systeme ohne Panne eingeführt werden konnten. Dabei war vor allem im Ständerat, angesichts des öffentlichen Interesses, der Druck entsprechend gross.